KRITIS-Dachgesetz

Roof of train station

Das KRITIS-Dachgesetz reguliert ab 2024 die Resilienz und physische Sicherheit Kritischer Infrastrukturen. Das Gesetz setzt die EU-Direktive EU RCE in Deutschland durch zusätzliche Pflichten für Betreiber kritischer Anlagen um: Meldepflichten, BCM, physische Sicherheit, Personal und Krisenmanagement.

  1. Betreiber
  2. Resilienz
  3. Informationen
  4. Staat, BSI und BBK
  5. Roadmap

Parallel zum KRITIS-DachG setzt das NIS2-Umsetzungsgesetz die neue EU NIS 2 Direktive für Cybersecurity in Deutschland um. Die neuen Gesetze lösen die bestehende KRITIS-Regulierung in Deutschland mit mehr Betreibern und mehr Pflichten ab. Beide treten Oktober 2024 in Kraft.

Die Ausführungen beruhen auf einem Referentenentwurf von Dezember 2023. Der Entwurf vom KRITIS-Dachgesetz und die Pflichten werden sich bis zum Inkrafttreten sicherlich noch ändern.

Dachgesetz Kritische Infrastrukturen

Mehr Resilienz in KRITIS

Das KRITIS-Dachgesetz wird als zusätzliche KRITIS-Regulierung die physische Sicherheit und Resilienz von Betreibern stärken. Das Gesetz setzt die EU CER-Richtlinie (EU 2022/2557) um. Es reguliert als neues Gesetz Betreiber kritischer Anlagen mit zusätzlichen KRITIS-Pflichten.

Der aktuelle Referentenentwurf vom KRITIS-DachG enthält folgende Vorgaben:

Im Referentenentwurf sind die verpflichtenden Vorgaben und Fristen für Betreiber eher milde. Wesentliche Pflichten wie Maßnahmen, Registrierung, Meldungen treten erst 2026 in Kraft.

Stand der Dinge

Vom KRITIS-Dachgesetz liegt seit Dezember 2023 der zweite Referentenentwurf des Innen­ministeriums vor. Einige Änderungen ergaben sich seit dem ersten Entwurf im Sommer.

Das Gesetz sollte im Frühling 2024 verkündet werden, nun scheint ein Inkrafttreten erst Anfang 2025 denkbar. Weitere Entwürfe, Konkretisierungen und Änderungen sind zu erwarten.

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Unternehmen

Betreiber kritischer Anlagen

Die betroffenen Unternehmen in Deutschland umfassen Betreiber kritischer Anlagen in den (bisherigen) KRITIS-Sektoren. Das KRITIS-Dachgesetz wird diese Betreiber regulieren.

eigene Zusammenstellung aus DachG-Referentenentwurf Stand Dezember 2023
^ - mit Ausnahmen
Betreiber Größe Sektoren
Kritische Anlagen
§2 (1)
Anlagen mit
Schwellenwerten
§4 (1)
Energie, Transport und Verkehr, Finanz-/Versicherungswesen^, Gesundheitsweisen, Trinkwasser, Abwasser, Ernährung, Informationstechnik und Telekommunikation^, Weltraum, Siedlungsabfallentsorgung
Bund
§5 (1)
Einrichtungen Staat: Bundesministerien, Bundeskanzleramt

Betroffen vom Gesetz sind die Betreiber kritischer Anlagen, wenn diese (in der Regel) über 500 Tsd. Personen versorgen. Die genauen Anlagen und Schwellenwerte in den Sektoren müssen noch in einer neuen KRITIS-Verordnung nach §16 definiert werden. Der Gesetzgeber geht in Deutschland von 2 Tsd. Unternehmen aus – den bisherigen KRITIS-Betreibern.

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Sektoren

Das KRITIS-Dachgesetz definiert die regulierten Sektoren von kritischen Anlagen, erbrachte kritische Dienstleistungen und betroffene Bundesverwaltung.

eigene Zusammenstellung aus DachG-Referentenentwurf Stand Dezember 2023
* - Zuständigkeit Bund
^ - mit Ausnahmen
Sektor §4 (1) Kritische Dienstleistung* §3 (3) Kritische Anlagen §16 (1)
Energie Stromversorgung
Gasversorgung
Kraftstoff/Heizöl
Erzeugung von Wasserstoff
fehlt noch
Transport/Verkehr Luftverkehr
Eisenbahnverkehr
See- und Binnenschifffahrt
Straßenverkehr
Wettervorhersage (DWD)
fehlt noch
Finanz/Versicherung^ Bargeldversorgung
Zahlungsverkehr
Wertpapiere
Versicherung
Sozialversicherung
Grundsicherung
fehlt noch
Gesundheit fehlt noch fehlt noch
Wasser/Abwasser fehlt noch fehlt noch
IT und TK^ Sprach- und Datenübertragung
Datenspeicherung und -verarbeitung
fehlt noch
Weltraum Bodeninfrastrukturen fehlt noch
Ernährung fehlt noch fehlt noch
Entsorgung fehlt noch fehlt noch
Staat §5 (1) Einrichtungen Bundesverwaltung Bundeskanzleramt
Bundesministerien

Definitionen

Die Definitionen sind mittlerweile synchron zur NIS2-Umsetzung, weichen leicht von EU RCE ab. Das Dachgesetz unterscheidet, bzw. definiert, Zuständigkeit des Bundes und der Länder. Oben * markierte Dienstleistungen fallen unter die Zuständigkeit des Bundes. §3 (3)

Die weitere Zuständigkeit der Länder und anderer Bundesbehörden ist noch offen, ebenso müssen die genauen Anlagen müssen noch per Verordnung festgelegt werden.

Dienstleistungen

Weiterhin unterscheidet das Gesetz zwischen den o.g. kritischen Dienstleistungen, die für Deutschland definiert sind, und den wesentlichen Diensten, die in EU RCE für EU-Betreiber definiert sind und Dienste in EU-Mitgliedsstaaten erbracht werden. in §7

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Ausschlüsse

Für bestimmte Sektoren und Betreiber gibt es Abweichungen und Ausnahmen im KRITIS-Dachgesetz zu einzelnen Pflichten oder (fast) dem gesamten Gesetz.

eigene Zusammenstellung aus DachG-Referentenentwurf Stand Dezember 2023
Sektor/Gruppe Ausnahme Pflichten § DachG
Entsorgung Keine EU/Europa-Vorgaben §4 (5) §3 (8), §13 (2), §7
IT und TK Keine Risikoanalysen, Resilienzmaßnahmen,
Meldewesen, Nachweise, EU-Vorgaben §4 (6)
§3 (8), §13 (2)
§§7-12
Bankwesen Keine Risikoanalysen, Resilienz­maßnahmen,
Meldewesen, Nachweise, EU-Vorgaben §4 (6)
§3 (8), §13 (2)
§§7-12
Finanz/Versicherung Keine Risikoanalysen, Resilienz­maßnahmen,
Meldewesen, Nachweise, EU-Vorgaben §4 (6)
§3 (8), §13 (2)
§§7-12
Bundesverwaltung:
Strafverfolgung,
Sicherheit,
Verteidigung
Ausgenommen vom ganzen Gesetz §5 (2) Alle §§
Bundesverwaltung Keine Geschäftsleiter-Pflichten, EU §5 (4) §7, §14
Bundesverwaltung Wenn sie gleichwertige Vorgaben erfüllen §17 (1) je nachdem
Bundesverwaltung:
nationale Sicherheit,
öffentliche Sicherheit,
Verteidigung
Strafverfolgung
+ deren Dienstleister
Keine Risikoanalysen, Resilienz­maßnahmen,
Meldewesen, Nachweise §17 (2)
§§9-12
Bundesverwaltung:
Einrichtungen, die
ausschließlich in
o.g. Bereichen tätig
Keine Risikoanalysen, Resilienz­maßnahmen,
Meldewesen, Nachweise, Registrierung §17 (3)
§6, §§9-12

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Resilienz

Pflichten von Betreibern

eigene Zusammenstellung aus KRITIS-DachG-Referentenentwurf Stand Dezember 2023
* - Geltungsbereich unklar
Pflicht Betreiber kritischer Anlagen
Geltungsbereich Anlage/Einrichtung*
Registrierung §6
Registrierung Bedeutung EU §7 ggf.
Risikoanalysen §9
Resilienz-Maßnahmen §10 (1)(2)(3)
Resilienzpläne §10 (9)
Nachweise §11
Meldepflicht §12
Geschäftsleitung §14

Die betroffenen Betreiber kritischer Anlagen müssen sowohl Resilienz­maßnahmen umsetzen als auch zusätzliche Formalien wie Registrierung, Meldungen und Nachweise erfüllen.

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Risiken und Maßnahmen

Risikoanalyse

Betreiber müssen mindestens alle vier Jahre Risikoanalysen durchführen, die auf nationalen Risikoanalysen nach §8 oder anderen vertrauenswürdigen Quellen basieren. §9 (1)

Das BBK kann inhaltliche und methodische Vorgaben für die Risikoanalysen festlegen. §9 (2)

Resilienzmaßnahmen

Betreiber müssen geeignete und verhältnismäßige Maßnahmen umsetzen, um die Resilienz zu gewährleisten. Die Maßnahmen müssen basierend auf nationalen Risikobewertungen und Analysen ausgesucht werden und sollen den Stand der Technik einhalten. §10 (1)(2)

Zu den geforderten Maßnahmen nach KRITIS-Dachgesetz zählen: §10 (1)(3)

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Geltungsbereich

Der Geltungsbereich vom KRITIS-Dachgesetz bei Betreibern ist noch etwas unklar. Die Identifikation als kritischer Betreiber und damit Betroffenheit vom KRITIS-Dachgesetz stellt auf kritische Anlagen (KRITIS) und Dienstleistungen zur Versorgung (kDL) ab. Der Geltungsbereich der Analysen und Maßnahmen werden aber bisher nicht explizit definiert.

  • Denkbar ist, analog zu NIS2, ein umfassender Geltungsbereich mit sämtlichen IT-Systemen, Komponenten und Prozessen, die für die Erbringung der Dienste genutzt werden.
  • Alternativ ist denkbar, dass sich Maßnahmen auf IT-Systeme, Komponenten und Prozesse, die für die Funktionsfähigkeit der Kritischen Infrastruktur maßgeblich sind, beschränken, d.h. auf die KRITIS-Anlage und ihre Infrastruktur und Prozesse.
  • Hier ist noch Klärungsbedarf in Gesetzesentwürfen und vor allem der Begründung.

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Dokumentation und Konkretisierung

Resilienzplan

Betreiber müssen die §10 (1) Maßnahmen in einem Resilienzplan dokumentieren, in dem die Erwägungen bei der Auswahl der Maßnahmen und Risikoanalysen dargelegt werden. §10 (9) Das BBK kann Vorlagen und Muster für diese Pläne zur Verfügung stellen. §10 (10)

Äquivalenz

Betreiber kritischer Anlagen können ihren Verpflichtungen nach §§9-11 auch mit Risikoanalysen und Maßnahmen nachkommen, die sie aufgrund anderer öffentlich-rechtlicher [Regulierung] ergriffen haben. Diese Äquivalenz­prüfung stellen die Aufsichtsbehörden mit dem BBK und BSI zusammen fest. §4 (8) B. Zu §4 Absatz 8

Bundesvorgaben

Das BBK wird zur Konkretisierung der §10 (1) Maßnahmen sektorenübergreifende Mindest­anforderungen einen Katalog veröffentlichen. §10 (4) Bundesministerien können Rechtsverordnungen zur Konkretisierung der Maßnahmen erlassen. §10 (5)

Betreiber und Branchenverbände können branchenspezifische Resilienz­standards zur Umsetzung von §11 (1) vorschlagen. Das BBK stellt im Einvernehmen mit dem BSI dann die Eignung auf Antrag fest. §10 (6)

Landesregierungen können für §10 sektor­spezifische Mindestvorgaben für Resilienz­maßnahmen festlegen, wenn kein Branchenstandard vorliegt. Artikel 2 (dann Teil von §10)

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Informationen von Betreibern

Nachweise und Prüfungen

Betreiber müssen die Umsetzung der §10 Resilienz-Maßnahmen auf Nachfrage dem BBK nachweisen. Dies geschieht durch Anfrage des BBK beim BSI für den Teil des NIS-Nachweises (§39 BSIG-E), der Resilienz nach §10 betrifft. §11 (1) Dieser Nachweis muss nach NIS2 von Betreibern alle drei Jahre mittels Prüfungen erbracht werden.

Paragraph 11 ist wirklich sehr kompliziert geschrieben; — Ed.

Zusätzliche Nachweise

Reichen dem BBK die angefragten Informationen als Teil des §39 NIS2-Nachweises nicht aus, können BBK oder andere zuständige Behörden weitere Nachweise von den Betreibern zur Umsetzung von §10 (1) Dachgesetz verlangen. §11 (2)

Der Nachweis kann durch Betreiber auch durch Audits und Prüfungen erbracht werden. §11 (3)

Das BBK kann bei erheblichen Zweifeln von sich aus die Umsetzung der Anforderungen bei Betreibern überprüfen. §11 (5) Das BBK kann weiterhin Dokumentationen der Über­prüfung, einen Plan zur Beseitigung, die Behebung der Mängel und Nachweise dafür verlangen. §11 (6)

Vorgaben

Das BBK wird Vorgaben zur Art und Durchführung der Audits, Nachweisen und fachliche und organisatorische Anforderungen an die Prüfer und die prüfende Stelle festlegen. §11 (4)

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Meldewesen

Mit dem KRITIS-Dachgesetz kommen auf Betreiber kritischer Anlagen zusätzliche Informations- und Meldepflichten an das BBK zu, neben den Meldungen an das BSI über die NIS-Umsetzung.

Meldung von Sicherheitsvorfällen

Betreiber kritischer Anlagen müssen Vorfälle, welche die Erbringung kritischer Dienstleistungen erheblich stören oder stören könnten, unverzüglich, innerhalb von 24h, an eine gemeinsame Kontaktstelle des BBK und BSI melden. §12 (1)(3)

  • Erstmeldung innerhalb von 24h nach Kenntnis des Vorfalls
  • Ausführlicher Bericht spätestens einen Monat nach Kenntnis
  • Das BBK kann Betreibern sachdienliche Folgeinformationen liefern §12 (7)

Die Meldungen müssen Informationen zur Art, Ursache, Folgen des Vorfalls, Anzahl und Anteil betroffener Nutzer, Dauer der Störung, betroffenem geographischen Gebiet und grenzüber­schreitende Auswirkungen enthalten. §12 (2)

Das BBK meldet Vorfälle, die Auswirkungen auf wesentliche Dienste in anderen EU-Staaten haben, an die dortigen Aufsichtsbehörden. Sind sechs oder mehr Mitgliedsstaaten betroffen, unterrichtet das BBK die Europäische Kommmission. §12 (4)(5)

Auswertungen zu Meldungen teils das BBK wiederum mit den Aufsichtsbehörden, bei öffentlichem Interesse kann das BBK auch die Öffentlichkeit informieren. §12 (8)(9)

Das BBK schätzt im aktuellen Gesetzesentwurf ca. 500 Meldungen pro Jahr. IV. 4.

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Identifikation

Registrierung von Betreibern

Unternehmen müssen sich selbst als Betreiber kritischer Anlagen identifizieren und beim BBK registrieren. Betreiber kritischer Anlagen müssen sich innerhalb von drei Monaten nach eigener Identifikation der kritischen Anlage (über Schwellenwerte) registrieren. §6 (1)

  • Name, Rechtsform, Handelsregister
  • Kontaktdaten, Mail, IP-Adressbereiche, Telefonnummern
  • Sektor, Branche und kritische Dienstleistung
  • Anlagen, Kennzahlen, Standort, Versorgungsgebiet
  • EU-Staaten, in denen wesentliche Dienste erbracht werden
  • Betreiber müssen dem BBK eine jederzeit erreichbare Kontaktstelle benennen.

Betreibern wird zwei Wochen nach Registrierung die federführende Aufsichtsbehörde mitgeteilt. §6 (5)

BBK und der Staat

Die Registrierung soll über eine von BBK und BSI gemeinsam eingerichtete Registrierungs­möglichkeit erfolgen. §6 (1) Ob sich bestehende KRITIS-Betreiber erneut registrieren müssen, oder das BSI diese (ans BBK?) weiterleitet, ist noch unklar.

Das BBK kann Betreiber kritischer Anlagen von sich aus registrieren, falls Betreiber ihrer Pflicht nicht nachkommen, und dazu auch Aufzeichnungen oder Unterlagen einfordern. §6 (2)(3)

Das BMI wiederum kann Betreiber von sich aus identifizieren, wenn kritische Betreiber durch die Logik der Anlagen/Schwellenwerte nicht erfasst werden, und dabei die nationalen Risikoanalysen und Kriterien wie Nutzerzahlen, Abhängigkeiten, Auswirkungen, Geographie, Marktanteil berücksichtigen. §4 (2)

Nach der Registrierung

Die Pflichten nach dem Dachgesetz für Betreiber greifen nach der Registrierung: §6 (6)

  • Risikoanalysen nach neun Monaten §9
  • Resilienz­maßnahmen nach zehn Monaten §10
  • Nachweise nach zehn Monaten §11
  • Meldewesen nach zehn Monaten §12

Besondere Bedeutung für Europa

Bestimmte Betreiber sind kritische Einrichtungen von besonderer Bedeutung für Europa, wenn sie in mindestens sechs EU-Staaten den gleichen wesentlichen Dienst erbringen und ihr Betreiber eine Meldung von der europäischen Kommission durch das BBK erhalten hat. §7 (1)

Die Europäische Kommission informiert das Innenministerium über diese Entscheidungen, das BBK leitet dies an betreffende Betreiber weiter. Das BBK ist dazu in regelmäßigem Austausch mit anderen Behörden in der EU für übergreifende kritische Anlagen und Betreiber. §7 (3)

Das Innenministerium kann bei der Europäischen Kommission eine Beratungs­mission für diese Anlagen beantragen und übermittelt Risikobewertungen und Resilienz­maßnahmen der Betreiber sowie Aufsichts- und Durchsetzungsmaßnahmen. §7 (4)(5)

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Staat und Aufsicht

Aufsicht

Zuständigkeiten

Das Bundesamt für Bevölkerungs­schutz und Katastrophen­hilfe (BBK) ist im Bund die nationale zuständige Behörde Art. 9 RCE/CER und unterstützt Betreiber kritischer Anlagen. Das BBK arbeitet dazu eng mit BNetzA, BSI, BNetzA und BaFin zusammen und tauscht Informationen zu Maßnahmen, Risiken und Vorfällen aus. §3 (1)(2)(3)

Landesbehörden

Landesbehörden werden für bestimmte Betreiber, Dienstleistungen und Sektoren ebenfalls zuständig werden. §3 (4)(5)(6) Es gibt weiterhin eine Einbindung von oder Verweis auf zuständige Landesbehörden in vielen Einzelpflichten wie Nachweisen, Meldungen.

Überwachung

Das BBK hat bei Betreibern Aufsichts- und Durchsetzungs­rechte für Resilienz. §11

  • Überprüfung der Einhaltung von Anforderungen, ggf. durch Dritte, auch durch Betreten der Räumlichkeiten und Einsichtnahme von Unterlagen §11 (9)
  • Mängelbeseitigung nach Audits §11 (8)
  • Anweisungen für Maßnahmen zur Behebung von Verstößen §11 (10)

EU

Im Dachgesetz wird die Regulierung von Resilienz neben der nationalen Behörde BBK in einen europäischen Rahmen der EU eingebettet, zum Austausch von Informationen und Vorfällen, zur Vernetzung zwischen Aufsichtsbehörden und für transnationale Vorfälle und Auswirkungen.

Das BBK übermittelt an die Europäische Kommission regelmäßig nationale Informationen: §15

  • Ergebnisse und Risiken der nationalen Risikoanalysen drei Monate nach Durchführung
  • Kritische Anlagen und Dienstleistungen nach Ermittlung unverzüglich, dann alle vier Jahre
  • Schwellenwerte zur Spezifizierung der Kriterien zur Ermittlung
  • Bericht über Meldungen und Maßnahmen zum Juli 2028 und dann alle zwei Jahre

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Nationale Aufgaben

Resilienzstrategie

Die Bundesregierung muss bis zum 17. Januar 2026 eine nationale Resilienzstrategie (Strategie zur Verbesserung der Resilienz kritischer Infrastrukturen) verabschieden. §1

Im Juli 2024 wurde vom Innenministerium ein Umsetzungsplan der Deutschen Strategie zur Stärkung der Resilienz gegenüber Katastrophen mit vielen Einzelmaßnahmen und Aktivitäten veröffentlich.

Risikoanalysen

Die für die kritischen Dienstleistungen zuständigen Bundes- und Landesministerien müssen alle vier Jahre und erstmalig bis Januar 2026 Risikoanalysen durchführen. In den Analysen soll u.a. bewertet werden: §8 (1)

  • Risiken, welche die Wirtschaftsstabilität gefährden, sektor- oder grenzüberschreitend sind und auch hybride, terroristische oder feindliche Bedrohungen umfassen,
  • Alle wesentlichen Risiken für den Binnenmarkt und die Bevölkerung durch Abhängigkeiten
  • Allgemeine Risikobewertung (Katastrophenschutz­verfahren der Union)
  • Sonstige Risikobewertungen, u.a. Gewährleistung der sicheren Gasversorgung, Risikovorsorge im Elektrizitätssektor, Hochwasserrisiken, Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen
  • Gemeldete Vorfälle (aus §12)

Das BBK erhält diese Risikoanalysen, stellt relevante Teile den Betreibern zur Verfügung und übermittelt Informationen und Risiken an die Europäische Kommission. §9 (3)(4)(5)

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Sanktionen und Bußgelder

Im KRITIS-Dachgesetz gibt es eigene Bußgeldvorschriften. Diese sind begrenzter als bei KRITIS und NIS2, und im aktuellen Entwurf noch nicht in der Höhe festgelegt. §19

Tatbestände

Folgende Tatbestände bei Betreibern sind bei Vorsatz Ordnungswidrigkeiten: §19 (1)

eigene Zusammenstellung, Stand Dezember 2023
Höhe Verstöße
fehlt noch
  • Registrierung nach §6 (1) nicht oder nicht rechtzeitig vornehmen
  • Für §6 (2) keine Aufzeichnungen vorlegen oder Auskunft erteilen
  • Risikoanalysen und Resilienzplan nach §10 (1) nicht durchführen
  • Nachweise, Informationen etc. nach §11 (2)(3) nicht dem BBK vorlegen
  • Betreten der Geschäftsräme nach §11 (5) nicht erlauben
  • Mängelbeseitigungsplan nach §11 (6) nicht dem BBK vorlegen

Die Höhe muss nach §19 (3) noch definiert werden. Die Verwaltungsbehörde der Bußgelder ist das BBK. §19 (2)

Geschäftsleitung

Geschäftsleiter von Betreibern müssen die Maßnahmen für Resilienz (§10) billigen und die Umsetzung überwachen. Ebenso müssen sie Schulungen zu Risiko-Management absolvieren und Nachweise bei Nachfrage vorlegen. §14

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Roadmap

Gesetzgebung

Das KRITIS-Dachgesetz wird 2024 verabschiedet und tritt am 18. Oktober 2024 in Kraft. Seit Ende 2023 gibt es zwei Referentenentwürfe, die das Gesetz in Grundzügen umreissen – ein erster früher aus Juli, ein weiterer aus Dezember 2023.

Ablauf Dachgesetz, Stand Dezember 2023
Version Status Datum Akteur
RCE EU 2022/2557 Final Dez 2022 Amtsblatt
KRITIS-Dachgesetz Eckpunkte-Papier Dez 2022 Innenministerium
KRITIS-Dachgesetz Referentenentwurf Jul 2023 Innenministerium
KRITIS-Dachgesetz 2. Referentenentwurf Dez 2023 Innenministerium
Rechtsverordnung(en) fehlt noch bis Okt 24 Innenministerium
KRITIS-Dachgesetz Inkrafttreten 18.10.2024 Bundestag

Das KRITIS-Dachgesetz basiert auf der EU RCE-Direktive, die seit 2020 bekannt und 2022 verabschiedet wurde. Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung sprach schon vom KRITIS-Dachgesetz, das Innenministerium veröffentlichte dann im Dezember 2022 ein Eckpunkte-Papier avisierte einen Gesetzesentwurf bis zur Sommerpause 2023, parallel zu NIS2.

Das Dachgesetz wird fünf Jahre nach Inkrafttreten wissenschaftlich evaluiert werden. §20

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Aufwände

Der aktuelle Referentenentwurf vom KRITIS-DachG schätzt Aufwände für die Umsetzung in der Wirtschaft und der Verwaltung, jedoch hängt die konkrete Höhe von der Anzahl an kritischen Anlagen nach §16 und den noch zu erlassenden Vorgaben ab. IV. 4.

Wirtschaft

Konkrete Kalkulationen zur Aufwand für die Wirtschaft enthält der Entwurf von Dezember nicht, nimmt aber an, dass 1.300 Betreiber kritischer Anlagen über keine ausreichende physische Resilienz verfügen. Die Kosten für Resilienz seien zehn Mal so hoch wie für IT-Sicherheit, daraus folgt die Schätzung eines jährlichen Aufwands im hohen dreistelligen Millionenbereich.

Die Annahmen sind wie folgt: IV. 4. b.

Aufwände Wirtschaft im Dachgesetz, Stand Dezember 2023
Pflicht Jährlich Unternehmen Einmalige Kosten
Registrierung §§6, 7 relativ gering
Risikoanalysen §9 spürbar
einstelliger Mio-Bereich
Resilienz-Maßnahmen §10 (1)(2) [wird nicht einzeln erwähnt]
Branchenstandards §10 (6) relativ gering
Resilienzpläne §10 (7) relativ gering
Nachweise §11 relativ gering
Äquivalenzprüfung §‚9-11 i.V.m. §4 (8) relativ gering
Meldepflicht §12 relativ gering

Verwaltung

Für die Verwaltung wird 6,4 Mio. EUR Aufwand jährlich geschätzt, davon 2,1 Mio für die Länder. Es gibt dazu eine sehr umfangreiche Kalkulationen im Gesetz basierend auf einzelnen Fällen pro Verpflichtung in Minuten, die dann in jährliche Aufwände (Personal, Sachkosten) für Bund und Länder und Einmalkosten (IT, Lösungen) umgerechnet werden. IV. 4. c.

Aufwände Verwaltung im Dachgesetz, Stand Dezember 2023
Pflicht Jährlich Bund Jährlich Länder Einmalige Kosten
KRITIS-Resilienzstrategie §1 36 Tsd. + 50 Tsd. EUR
Risikoanalysen §8 352 Tsd. EUR 1.1 Mio EUR
Branchenstandards §10 599 Tsd. EUR 213 Tsd. EUR 1.8 Mio + 116 Tsd. EUR
Nachweisverfahren §11 2.8 Mio EUR 1.6 Mio EUR 256 Tsd. EUR
Meldeverfahren §12 10 Tsd. + 190 Tsd. EUR 1.9 Mio EUR
Berichtspflichten §§3, 7, 15 595 Tsd. EUR EUR 725 Tsd. EUR

Die notwendigen Planstellen werden erst mit den letzten Entwürfen klarer werden.

Bürger

Für Bürger entsteht kein Erfüllungs­aufwand.

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Fristen

Gesetz

Das Dachgesetz tritt am 18. Oktober 2024 in Kraft, einige der verbindlichen Maßnahmen treten erst am 17. Juli 2026 in Kraft: Artikel 3 (1)(2)

KRITIS-DachG Pflicht In Kraft
Artikel 3 (1) KRITIS-Dachgesetz 18. Oktober 2024
§1 Nationale Resilienzstrategie Bundesregierung 17. Januar 2026
§6§7 Registrierungspflicht für Betreiber 17. Juli 2026
§9 Risikoanalysen bei Betreibern 17. Juli 2026
§10 Resilienzmaßnahmen bei Betreibern 17. Juli 2026
§11 Nachweise 17. Juli 2026
§12 Meldewesen 17. Juli 2026
§14 Geschäftsleiter-Pflichten 17. Juli 2026
§17 Ausnahmebescheide 17. Juli 2026
§19 Bußgelder 17. Juli 2026
Artikel 2 Sektorstandards durch Landesregierungen 1. Januar 2029

Umsetzung bei Betreibern

Im Gesetz sind Fristen für Betreiber zur Umsetzung der Resilienz-Anforderungen vorgesehen, beginnend mit der eigenen Registrierung: §6 (6)

  • Registrierung innerhalb von drei Monaten nach Identifizierung §6 (1)
  • Risikoanalyse neun Monate nach Registrierung, §9
  • Umsetzung Resilienzmaßnahmen erstmals zehn Monate nach Registrierung, §10
  • Nachweise und Aufsichtspflichten erstmals zehn Monate nach Registrierung, §11
  • Meldungen von Vorfällen erstmals zehn Monate nach Registrierung, §12

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Ergänzende Rechtsverordnung

Verschiedene Definitionen aus dem KRITIS-Dachgesetz müssen noch durch eine Verordnung §16 durch das Innenministerium mit anderen Ministerien konkretisiert werden:

  • Kritische Dienstleistungen in KRITIS-Sektoren und Versorgungsgrad
  • Kritische Anlagen in KRITIS-Sektoren
  • Schwellenwerte für kritische Dienstleistung der Sektoren
  • Die Schwellenwerte sollten branchenspezifisch sein
  • Stichtage zur Bestimmung
  • Sektorspezifische Mindestvorgaben für Betreiber

Ein Entwurf der Rechtsverordnung ist noch nicht verfügbar.

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Auswirkung auf weitere Gesetze

Änderungen weiterer Gesetze sind nicht abzusehen.

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Änderungen der Referenten­entwürfe

Es gab bisher zwei öffentliche Referenten­entwürfe aus Juli und Dezember 2023. Die Änderungen nachzuvollziehen ist nicht ganz einfach, unser bisheriger Stand:

Änderungen im Dezember 2023 zu Juli 2023

  • Betreiber: Die parallele Definition der Einrichtungen (NIS2) wurde entfernt
  • Sektoren: Sektoren wurden mit der NIS2-Umsetzung harmonisiert
  • Nachweise: Keine reguläre Nachweispflicht mehr für Betreiber.
  • Registrierung: Frist zur eigenen Registrierung beim BBK erst nach drei Monaten
  • BBK und BSI: Mehr Harmonisierung gemeinsamer Abläufe mit dem BSI
  • Staat: Deutliche Einbindung von Landesbehörden
  • Kritische Komponenten wurden gestrichen
  • Verantwortung für Geschäftsleiter wurde aufgenommen (à la NIS2)

Neuerungen in Juli 2023

  • Betreiber: Betroffen sind Betreiber kritischer Anlagen (KRITIS)
  • Sektoren: Die bisherigen KRITIS-Sektoren mit Änderungen, u.a. IT, TK, Finanz, Versicherungen
  • Resilienz: Vorgaben zu Krisen/Risiken, BCM, Personalsicherheit, physische Sicherheit
  • Aufsicht: Deutsche Aufsicht beim BBK, gemeinsame Lösungen mit dem BSI sind geplant
  • Sanktionen: Liste mit Verstößen durch Betreiber, Bußgelder sind noch nicht definiert
  • Risiken: Wirtschaftsstabilität spielt eine große Rolle für Betreiber, das BBK (und die EU).

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Weitere Informationen

Quellen

  1. Referentenentwurf des BMI: KRITIS-Dachgesetz – KRITIS-DachG, AG KRITIS, letzte Version vom 21.12.2023
  2. DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2023/2450 DER KOMMISSION, zur Ergänzung der Richtlinie (EU) 2022/2557 des Europäischen Parlaments und des Rates durch eine Liste wesentlicher Dienste, 25. Juli 2023
  3. Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der CER-Richtlinie und zur Stärkung der Resilienz kritischer Anlagen (KRITIS-Dachgesetz), Bundesministerium des Innern, 17.07.2023
  4. Eckpunkte für das KRITIS-Dachgesetz, Bundesministerium des Innern, 06.12.2022
  5. Innenministerin Faeser will Schutzvorschriften für kritische Infrastruktur verschärfen, Handelsblatt 23.11.2022
  6. Aufnahme Siedlungsabfallentsorgung in BSI-KritisV, Webseite des BSI, Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, 12.12.2022
  7. Schutz kritischer Infrastrukturen: Regierung bringt "Dachgesetz" auf den Weg, Heise Online 24.11.2022