NIS2 Umsetzungsgesetz

Das Gesetz zur Umsetzung von EU NIS2 und Stärkung der Cyber­sicherheit, das NIS2UmsuCG, wird ab 2024 in Kraft treten. Es überführt die EU-weiten Mindest­standards für Cybersecurity der EU-Direktive NIS2 in deutsche Regulierung. Die NIS2-Umsetzung wird mindestens 30 Tsd. Unternehmen in Deutschland betreffen.

  1. Unternehmen
  2. Cybersecurity
  3. Informationen
  4. Staat und BSI
  5. Ausblick

Das Gesetz liegt als Referentenentwurf vor und muss bis Oktober 2024 die Gesetz­gebung auf Bundesebene durchlaufen. Das NIS2UmsuCG ist ein Änderungs­gesetz, das bestehende Gesetze ändert – primär die KRITIS-Teile des BSI-Gesetzes (BSIG-E). Neben NIS2 wird das KRITIS-Dachgesetz kritische Betreiber regulieren.

NIS2 und KRITIS-Dachgesetz: Was kommt auf Unternehmen zu?

Ausblick auf die neue KRITIS, NIS2 und CER-Regulierung ab 2024
Deutsch ∙ PDF ∙ März 2024 ∙ OpenKRITIS-Briefing

English version of this page available at German NIS2 Implementation.

Die Umsetzung von NIS2

Neue Cybersecurity-Regulierung ab 2024

Das NIS2-Umsetzungsgesetz ändert die deutsche KRITIS-Regulierung deutlich – neben den Betreibern kritischer Anlagen wird es besonders wichtige Einrichtungen und wichtige Einrichtungen geben. Für etwa 30.000 betroffene Unternehmen in Deutschland, die über klassische Kritische Infrastrukturen hinausgehen, steigen die Security-Pflichten.

up

Stand der Dinge

Es gibt mindestens vier bekannte Referentenentwürfe des NIS2-Umsetzungsgesetzes:

Wann weitere Referentenentwürfe zu erwarten sind, ist unklar. Die geplante Verkündung und das eigentlich notwendige Inkrafttreten zu Oktober 2024 sind mittlerweile fraglich.

up

Betroffene Unternehmen

Unternehmen in Deutschland

Die von NIS2 betroffenen Unternehmen in Deutschland bestehen aus drei (vier) Gruppen: Die bestehenden Betreiber kritischer Anlagen (KRITIS), die besonders wichtigen sowie die wichtigen Einrichtungen und einige Bundeseinrichtungen: §28

  1. Besonders wichtige Einrichtungen nach Größe des Unternehmens in Sektoren Anlage 1
    G Unternehmen ab 250 Mitarbeitern oder
    G Unternehmen ab 50 Mio. EUR Umsatz und Bilanz ab 43 Mio. EUR
    U Sonderfälle: qTSP, TLD, DNS, TK-Anbieter, kritische Anlagen
  2. Wichtige Einrichtungen nach Größe des Unternehmens in Sektoren aus Anlage 1 2
    M Unternehmen ab 50 Mitarbeitern oder
    M Unternehmen ab 10 Mio. EUR Umsatz und Bilanz ab 10 Mio. EUR
    U Vertrauensdienste
  3. Betreiber kritischer Anlagen (KRITIS-Betreiber) stellen weiterhin mit KRITIS-Methodik die Betroffenheit einzelner Anlagen fest, auch im KRITIS-Dachgesetz
       KRITIS-Anlage über Schwellenwert, in der Regel ≥ 500 Tsd. versorgte Personen
  4. Neben Einrichtungen werden auch Bundeseinrichtungen mit einigen Pflichten reguliert

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Einrichtungen

Besonders wichtige und wichtige Einrichtungen

Die besonders wichtigen Einrichtungen §28 (1) sind Großunternehmen bestimmter Sektoren, einige Unternehmen unabhängig ihrer Größe und Betreiber kritischer Anlagen. Die wichtigen Einrichtungen §28 (2) sind Großunternehmen und mittlere Unternehmen in vielen Sektoren.

eigene Zusammenstellung Stand Dezember 2023
Einrichtung Größe Sektoren
Besonders wichtig
§28 (1)
Großunternehmen
aus Anlage 1
Energie, Transport/Verkehr, Finanzen/Versicherungen, Gesundheit, Wasser/Abwasser, IT und TK, Weltraum
unabhängig Qualifizierte Vertrauensdienste, TLD-Registries, DNS-Dienste
Mittlere Unternehmen Anbieter öffentlicher TK-Netze und TK-Dienste
unabhängig Betreiber kritischer Anlagen (KRITIS-Betreiber)
Wichtig
§28 (2)
Mittlere Unternehmen
aus Anlage 1
Energie, Transport/Verkehr, Finanzen/Versicherungen, Gesundheit, Wasser/Abwasser, IT und TK, Weltraum
Großunternehmen
Mittlere Unternehmen
aus Anlage 2
Post/Kurier, Siedlungsabfallentsorgung, Chemie, Lebensmittel, Verarbeitendes Gewerbe, Digitale Dienste, Forschung
unabhängig Vertrauensdienste

Weitere

Die Zentralregierung gehört nicht mehr zu besonders wichtigen Einrichtungen. Einrichtungen der Bundesverwaltung (Staat) sind dafür separat reguliert und erben Pflichten der besonders wichtigen Einrichtungen §29 sowie eigene Pflichten aus Kapitel 3.

Die Unternehmen im besonderen öffentlichen Interesse (UBI) fallen als separate Kategorie weg und gehen größtenteils in den Einrichtungen auf: UBI 1 Rüstung fallen größtenteils in den NIS2-Sektor verarbeitendes Gewerbe, UBI 2 volkswirtschaftliche Bedeutung verteilen sich über alle NIS2-Sektoren und UBI 3 Gefahrstoffe fallen in den Sektor Chemie.

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Unternehmensgröße

Die Einrichtungen unterscheiden sich nach Unternehmens­größe: Mitarbeiter, Umsatz und Bilanz. Besonders wichtige Einrichtungen in §28 (1) und wichtige Einrichtungen in §28 (2).

Einrichtung Sektoren Größe Mitarbeiter Umsatz und Bilanz
Besonders wichtig 1 G Großunternehmen
G Großunternehmen
≥ 250

≥ 50 Mio. + ≥ 43 Mio. EUR
Wichtig 1 2 M ab mittlere Unternehmen
M ab mittlere Unternehmen
≥ 50
≥ 10 Mio. + ≥ 10 Mio. EUR

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Betreiber kritischer Anlagen (KRITIS)

Die bisherigen KRITIS-Betreiber, die Kritischen Infrastrukturen, werden zu Betreibern kritischer Anlagen. §28 (5) Die KRITIS-Logik von KRITIS-Sektoren, kritischen Dienstleistungen und Anlagen mit Schwellenwerten bleibt hier erhalten. Die Betreiber werden gleichzeitig auch besonders wichtige Einrichtungen. §28 (1) Nr. 4

eigene Zusammenstellung Stand Dezember 2023
Betreiber Größe Sektoren
Kritische Anlagen
§28 (5)
Anlagen mit
Schwellenwerten
§28 (6)
Energie, Transport und Verkehr, Finanz-/Versicherungswesen, Gesundheitsweisen, Trinkwasser, Abwasser, Ernährung, Informationstechnik und Telekommunikation, Weltraum, Siedlungsabfallentsorgung

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NIS2-Sektoren

In der NIS2-Umsetzung gibt es zwei Gruppen von Sektoren: Sektoren der Einrichtungen sind in Anlage 1 und 2 definiert, KRITIS-Sektoren für kritische Anlagen separat in §28 (6). Für Einrichtungen sind 1 Sektoren hoher Kritikalität und 2 Sonstige kritische Sektoren.

eigene Zusammenstellung Stand Dezember 2023
KRITIS Sektoren hoher Kritikalität 1
und Teilsektoren
Sonstige kritische Sektoren 2
und Teilsektoren
Energie Energie
Stromversorgung, Fernwärme/-kälte, Kraftstoff/Heizöl, Gas
Transport/Verkehr Transport/Verkehr
Luftverkehr Schienenverkehr, Schifffahrt, Straßenverkehr
Transport/Verkehr
Post und Kurier
Finanz/Versicherung Finanz/Versicherung
Banken, Finanzmarkt-Infrastruktur
Chemie
Herstellung, Handel, Produktion
Gesundheit Gesundheit
Dienstleistungen, Referenzlabore, F&E, Pharma (NACE C 21), Medizinprodukte,
Forschung
Forschungseinrichtungen
Wasser/Abwasser Wasser/Abwasser
Trinkwasser, Abwasser
Verarbeitendes Gewerbe
Medizin/Diagnostika; DV, Elektro, Optik (NACE C 26 und 27); Maschinen­bau (NACE C 28), Kfz/Teile (NACE C 29), Fahrzeugbau (NACE C 30)
IT und TK IT und TK
IXPs, DNS, TLD, Cloud Provider, RZ-Dienste, CDNs, TSP, elektronische Kommunikation/Dienste, Managed Services und Security Services
Digitale Dienste
Marktplätze, Suchmaschinen, soziale Netzwerke
Weltraum Weltraum
Bodeninfrastrukturen
Ernährung Lebensmittel
Großhandel, Produktion, Verarbeitung
Entsorgung Entsorgung
Abfallbewirtschaftung

Zusätzlich sind Einrichtungen der Bundesverwaltung separat reguliert: §29

eigene Zusammenstellung aus NIS2-Referentenentwurf Stand Dezember 2023
Sektor Einrichtungen
Bundesverwaltung Stellen des Bundes;
Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts;
Öffentliche Unternehmen im Mehrheits-Eigentum des Bundes, die IT-Dienstleistungen für die Bundesverwaltung erbringen;
Ausgeschlossen: Institutionen der sozialen Sicherung

up

Cybersecurity

Pflichten von Betreibern und Einrichtungen

Die Anforderungen an Betreiber und Einrichtungen ändern sich mit der NIS2-Umsetzung deutlich. Die bisherigen KRITIS-Pflichten aus dem BSI-Gesetz bleiben in Grundzügen erhalten, werden teils präzisiert, teils verschärft und neu strukturiert.

eigene Zusammenstellung Stand Dezember 2023
* - implizit, da Betreiber kritischer Anlagen auch besonders wichtige Einrichtungen sind
Pflicht Betreiber kritischer
Anlagen
Besonders wichtige
Einrichtung
Wichtige
Einrichtung
Geltungsbereich Anlage(n) Unternehmen Unternehmen
Maßnahmen Risikomanagement §30 *
Höhere Maßstäbe für KRITIS §31 (1)
Besondere Maßnahmen SzA §31 (2)
Meldepflichten §32 *
Registrierung §33 §34
Unterrichtungspflichten (Kunden) §35 *
Leitungsorgane §38 *
Nachweise §39 tw. (§64) tw. (§65)

Ausschlüsse

Es gibt diverse Ausnahmen und Sonderregeln für Unternehmen zu NIS2-Pflichten.

eigene Zusammenstellung Stand Dezember 2023
weitere Einzelausschlüsse sind möglich, * - die DORA-Ausschlüsse sind etwas komplex
Ausschluss von Einrichtung Fundort
Einzelmaßnahmen in §30 (2)
(Vorrang Implementing Act)
DNS, TLD, Cloud-Computing, Rechenzentren, CDNs, Managed Services und Security Services, Marktplätze, Suchmaschinen, soziale Netzwerke, Vertrauensdienste (Sektor Internet) §30 (3)
KRITIS‑Anforderungen
Meldepflichten
Unterrichtung
Nachweise
§§31, 32, 35, 39
Betreiber öffentlicher TK-Netze und TK-Dienste §28 (4)
Betreiber Energieversorgungsnetze und Energieanlagen §28 (4)
Unternehmen unter DORA (EU) 2022/2554* §28 (4)
Pflichten von Einrichtungen Unternehmen unter DORA (EU) 2022/2554*
gematik
§28 (1)
Risikomanagement und Meldepflichten §§30,32
+ Registrierung §§33-34
Nationale Sicherheit, öffentliche Sicherheit, Verteidigung, Strafverfolgung
+ wenn ausschließlich in den o.g. Bereichen tätig
§37

In einzelnen Sektoren entsteht trotz Ausschlüssen eine Mehrfach-Regulierung in NIS2 mit unter­schiedlichen Anforderungen je nach Anwendungsbereich von NIS2, KRITIS und Sektorgesetzen.

up

Sicherheit und Risikomanagement

Besonders wichtige und wichtige Einrichtungen müssen geeignete, verhältnismäßige und wirksame technische und organisatorische Maßnahmen ergreifen, um die IT und Prozesse ihrer erbrachten Dienste zu schützen, Störungen zu vermeiden und Auswirkungen von Sicherheits­vorfällen gering zu halten. §30 (1)

Betreiber sollen das Ausmaß der Risikoexposition, Größe der Einrichtung, Umsetzungskosten, Eintritts­wahrscheinlichkeit und Schwere von Sicherheits­vorfällen sowie die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen berücksichtigen. §30 (1)

Maßnahmen

Die von Betreibern und Einrichtungen umzusetzenden Maßnahmen müssen auf einem gefahrenübergreifenden Ansatz beruhen und sollen europäische und internationale Normen berücksichtigen. Die Maßnahmen sollen den Stand der Technik einhalten und müssen mindestens die folgenden Themen umfassen: §30 (2)

Dokumentation

Einrichtungen müssen die Umsetzung der Maßnahmen dokumentieren. §30 (1)

Sektorregelungen

Bestimmte Sektoren sind von den Vorgaben zu Risikomanagement §30 und §31 teilweise ausgeschlossen. Für diese werden die entsprechenden Maßnahmen durch sektor-spezifische Regulierung äquivalent umgesetzt oder konkretisiert.

Konkretisierung

Eine genaue Konkretisierung der Maßnahmen durch EU, BSI oder Verbände ist noch nicht bekannt, hier ist bis 2024 sicherlich noch Bewegung zu erwarten. Ebenso sind noch keine offizielle Ableitungen auf existierende Cybersecurity Standards wie ISO 27001 oder C5 verfügbar, welche die Maßnahmen in Rahmenwerke einordnen.

Existierende ISMS-Zertifizierungen werden meist nicht ohne weiteres hinreichend für NIS2-Maßnahmen sein – der Geltungsbereich von NIS2 könnte über bestehende Zertifikate hinausgehen, die genannten Maßnahmen sind teils tiefer und weiter als übliche Rahmenwerke.

Implementing Acts der EU

Die Kommission kann nach Art. 21 (5) NIS2 in Durchführungs­rechtsakten (Implementing Acts) konkretere technische und methodische Anforderungen erlassen, die dann direkt verbindlich werden und dann vor der obigen Liste §30 (2) Vorrang haben. §30 (4) Das Innenministerium kann, falls die Rechtsakte nicht abschließend sind, eigene Konkretisierungen erlassen. §30 (5)

Für Betreiber von DNS, TLD, Cloud, Rechenzentren, CDNs, Managed Services und Managed Security Services, Online-Marktplätzen, Suchmaschinen, soziale Netzwerke und Vertrauens­dienste wird die EU-Kommission bis Oktober 2024 in einem separaten Implementing Act verbindliche Maßnahmen festlegen, §30 (2) gilt für diese lediglich nachrangig. §30 (3)

Betreiber kritischer Anlagen

Für Betreiber kritischer Anlagen gelten bei der Auswahl von Maßnahmen und Bewertung der Angemessenheit höhere Maßstäbe und weitere Anforderungen:

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Produkte

Zertifizierte Produkte

Verwenden besonders wichtige oder wichtige Einrichtungen bestimmte, noch zu benennende, IKT-Produkte, Dienste oder Prozesse, müssen diese über eine Cybersicherheits-Zertifizierung gem. Art. 49 EU 2019/881 verfügen §30 (6). Welche Produkte, Dienste oder Prozesse betroffen sind, wird noch in der Rechtsverordnung nach §57 (4) bestimmt.

Kritische Komponenten

Der Einsatz sogenannter kritischer Komponenten muss durch Betreiber kritischer Anlagen vor Beginn des Einsatzes dem Innenministerium gemeldet werden §41 (1). Kritische Komponenten und Funktionen müssen in separaten Gesetzen festgelegt werden (bis jetzt nur im TK-Sektor durch das TKG 2021).

Das Innenministerium darf den Einsatz kritischer Komponenten untersagen aufgrund:

Die kritischen Komponenten dürfen in KRITIS-Anlagen nur mit einer Garantieerklärung zur Vertrauenswürdigkeit des Herstellers eingesetzt werden, die von KRITIS-Betreibern dem Innen­ministerium bei der Anzeige vom Einsatz in KRITIS-Anlagen vorzulegen ist. Die Erklärung muss durch den Hersteller gegenüber dem Betreiber abgegeben werden. §41 (3)

Der Einsatz bestimmter Komponenten oder Hersteller darf bei schwerwiegenden Verstößen auch längerfristig untersagt werden. §41 (6) (7)

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Informationen

Registrierung und Kontaktstelle

Einrichtungen und Betreiber müssen sich selbst identifizieren und beim BSI registrieren. Für bestimmte Unternehmen gelten spezielle Registrierungs­regeln. §33 §34

Besonders wichtige und wichtige Einrichtung sowie DNS-Registries müssen sich innerhalb von drei Monaten beim BSI registrieren, u.a mit: Name, Rechtsform, Kontaktdaten, Mail/Telefon, IP-Adressbereiche, Sektor und Teilsektor, EU-Staaten mit Geschäftsaktivitäten. §33 (1)

Betreiber kritischer Anlagen müssen zusätzliche Informationen bei der Registrierung übermitteln. §33 (2) Die (gemeinsame) Registrierung an/mit dem BBK über das KRITIS-Dachgesetz ist noch nicht ganz klar.

Änderungen der Daten in (1) und (2) müssen jährlich an das BSI gemeldet werden, alle andere Angaben unverzüglich, innerhalb von zwei Wochen. §33 (5)

Das BSI kann besonders wichtige und wichtige Einrichtung sowie DNS-Registries von sich aus registrieren. Dazu kann das BSI Unterlagen und Einzelheiten anfordern, und das Verfahren noch genauer definieren. §33 (2) (6)

Bestimmte Einrichtungen, die in §63 definiert sind, müssen sich bis zum 17. Januar 2025 beim BSI registrieren. §34 Dies umfasst Betreiber, die in Deutschland zentral vom BSI reguliert werden: DNS und TLD, Cloud Computing, Rechenzentren, CDNs, Managed Service Provider und Managed Security Service Provider, Online-Marktplätze, Online-Suchmaschinen, soziale Netzwerke, sofern die Hauptniederlassung in der EU in Deutschland ist.

up

Meldewesen

Mit NIS2 kommen auf betroffene Einrichtungen viele Informations- und Meldepflichten zu, die über die bisherigen §8b BSIG Meldepflichten (KRITIS) hinausgehen.

Meldung von Sicherheitsvorfällen

Besonders wichtige Einrichtungen (damit auch Betreiber kritischer Anlagen) und wichtige Einrichtungen müssen dem BSI Sicherheitsvorfälle melden – in sehr kurzen Fristen (24h) und mit stufenweisen Folgemeldungen: §32

Das BSI richtet die Melde­möglichkeit im Einvernehmen mit dem BBK ein, für NIS2 und das KRITIS-Dachgesetz. Das BSI kann weitere Vorgaben zum Meldeverfahren erlassen. §32 (4)

Meldungen an Kunden und Öffentlichkeit

Bei erheblichen Sicherheitsvorfällen kann das BSI besonders wichtige und wichtige Einrichtungen anweisen, ihre Kunden (Empfänger ihrer Dienste) zu unterrichten. §35 (1)

Einrichtungen aus den Sektoren Finanz- und Versicherungswesen, Informationstechnik und Telekommunikation, IKT-Dienste und Digitale Dienste müssen von einer erheblichen Cyberbedrohung potenziell betroffene Kunden unverzüglich informieren, einschließlich möglicher durch die Kunden zu ergreifenden Gegenmaßnahmen. §35 (2)

Das BSI meldet sich nach Möglichkeit innerhalb von 24h bei Unternehmen nach Eingang der Meldung zurück, ggf. mit möglichen Nachfragen, Unterstützungsangeboten und Informationen. §36 (1) Falls eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit erforderlich oder im öffentlichen Interesse ist, so kann das BSI die Öffentlichkeit informieren oder das Unternehmen auffordern, dies zu tun. §36 (2). Dies gilt auch, wenn das Unternehmen eine Stelle des Bundes ist. §4 (3)

Informationsaustausch

Besonders wichtige Einrichtungen müssen innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten am Informationsaustausch über die zentrale Austauschplattform des BSI teilnehmen. §30 (7)

up

Nachweise und Prüfungen

Die Umsetzung der NIS2-Maßnahmen muss dem BSI von Betreibern kritischer Anlagen alle drei Jahre nachgewiesen werden. Abhängig von der eigenen Registrierung muss es dann alle drei Jahre Prüfungen geben, analog zu bisherigen KRITIS-Nachweis­prüfungen.

eigene Zusammenstellung nach Referentenentwürfen, Stand Dezember 2023
Betreiber kritischer Anlagen Einrichtungen
Besonders wichtig Wichtig
Gesetz NIS2UmsuCG DachG NIS2UmsuCG NIS2UmsuCG
Zeitraum ab 2024 ab 2026 ab 2024 ab 2024
Pflicht §39 (1) §11 §64 §65
Form Audits Audits Stichproben durch BSI
Inhalt IT-Sicherheit
Meldepflicht
SzA
Resilienz IT-Sicherheit
Meldepflicht
IT-Sicherheit
Meldepflicht
Scope Kritische Anlage Kritische Anlage Unternehmen Unternehmen
Frequenz alle drei Jahre Stichproben Stichproben bei Anlass
Empfänger BSI BBK BSI BSI

Betreiber kritischer Anlagen

Die Betreiber von kritischen Anlagen müssen Nachweise für die Maßnahmen nach §30 (1), §31 und §31 (2) Angriffserkennung durch Audits, Prüfungen oder Zertifizierungen nach §39 (1) alle drei Jahre dem BSI nachweisen, wie bisher bei KRITIS-Prüfungen.

Für Betreiber, die bereits als KRITIS-Betreiber geprüft werden, wird das BSI den Zeitpunkt der Nachweiserbringung auf frühestens drei Jahre nach Erbringung des letzten Nachweises nach §8a (3) BSIG festlegen – der nächste Nachweis verschiebt sich also ggf. um ein Jahr.

Das BSI hat die Befugnis, von sich aus Betreiber kritischer Anlagen als besonders wichtige Einrichtung zu prüfen §64 und kann Vorgaben für Nachweis-Prüfungen festlegen. §39 (2)

Einrichtungen

Einrichtungen müssen die Umsetzung der Maßnahmen dokumentieren. §30 (1) Sie müssen aber dem BSI die Umsetzung der §30 Maßnahmen und §32 Meldepflichten nach der Registrierung nicht regelmäßig nachweisen. Das BSI kann Einrichtungen aber zu Audits, Prüfungen oder Zertifizierungen verpflichten, Nachweise verlangen und selbst prüfen (lassen). §64 (1) (3) (5)

Für Nachweise hat das BSI Durchsetzungsrechte gegenüber besonders wichtigen und wichtigen Einrichtungen. §64 §65

Bei der Auswahl der Einrichtungen soll das BSI risikoorientiert vorgehen, und das Ausmaß der Risiko­exposition, die Größe der Einrichtung sowie die Eintritts­wahrscheinlichkeit und Schwere von möglichen Sicherheits­vorfällen sowie ihre möglichen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen in Betracht ziehen. §64 (4)

Das BSI kann Vorgaben für diese Nachweis-Prüfungen festlegen. §64 (2)

up

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Staat und BSI

Aufsicht und Zuständigkeit

Das BSI ist die zuständige Aufsichtsbehörde für besonders wichtige und wichtige Einrichtungen mit Niederlassung in Deutschland, für Betreiber kritischer Anlagen auf deutschem Hoheitsgebiet und Einrichtungen der Bundesverwaltung.

Für Betreiber kritischer Anlagen wird auch das BBK mit dem KRITIS-Dachgesetz zuständig.

Für bestimmte Einrichtungen, die in der Europäischen Union tätig sind und ihren Hauptsitz in Deutschland haben, ist das BSI zentral in der EU zuständig (Territorialitätsprinzip):

Überwachung

Das BSI hat für Einrichtungen Aufsichts- und Durchsetzungs­maßnahmen zur Überwachung der Vorgaben und Sicherstellung der Einhaltung. §64 §65

Für besonders wichtige Einrichtungen darf das BSI

Für wichtige Einrichtungen darf das BSI: §65

Meldestelle

§4 legt das BSI als zentrale Meldestelle für Bundesbehörden und §40 für Einrichtungen für fest. Das BSI darf deshalb zur Abwehr von Gefahren Informationen sammeln und auswerten und sich mit anderen Behörden austauschen.

up

Sanktionen und Bußgelder

Das NIS2-Umsetzungsgesetz definiert Bußgeldvorschriften in §60. Die bisherigen KRITIS-Bußgelder werden dabei um einige neue Tatbestände erweitert und bestehende Bußgelder teils deutlich erhöht. Die Bußgelder und Sanktionen unterscheiden sich nach Gruppe:

Geschäftsleitung

Geschäftsführer von Einrichtungen müssen die Risikomanagement-Maßnahmen für Cyber­security billigen und die Umsetzung in der Einrichtung überwachen. §38 (1) Werden diese Pflichten verletzt, kann die Einrichtung Ersatzansprüche stellen, wobei ein Verzicht oder Vergleich unwirksam ist. §38 (2)

Geschäftsleiter müssen regelmäßig an Schulungen teilnehmen, um ausreichende Kenntnisse und Fähigkeiten zur Erkennung und Bewertung von Risiken und Maßnahmen sicherzustellen. §38 (3)

Leiter von Einrichtungen der Bundesverwaltung gelten nicht als Geschäftsleitung.

Allgemeine Tatbestände

Allgemeine Bußgeldtatbestände nach §60 (5) unterscheiden in der Bußgeldbewährung nicht zwischen den unterschiedlichen Betreiber-Gruppen.

eigene Zusammenstellung aus NIS2-Referentenentwurf Stand Dezember 2023
Höhe Verstöße
2 Mio. EUR
  • Hersteller von IT-Systemen: durch das BSI angewiesene Mitwirkung an der Wieder­herstellung der Sicherheit oder Funktionsfähigkeit eines IT-Systems wird verweigert. §11 (6)
  • TK-Anbieter: durch das BSI angewiesene Maßnahmen zur Abwehr konkreter erheblicher Gefahren werden nicht getroffen. §16 (1) 1 auch i.V.m. §16 (3)
  • TMD-Anbieter: durch das BSI angewiesene Maßnahmen zur Abwehr konkreter erheblicher Gefahren werden nicht getroffen. §17
  • Besonders wichtige Einrichtungen: die öffentlichen IP-Adressbereiche der Einrichtung werden bei der Registrierung nicht angegeben. §34 (1) Satz 6
    Hinweis: vielleicht ein Fehler im Entwurf — der Dezemberentwurf führt in §34 (1) keine Sätze, sondern Nummern auf

Hinweis: Anwendung von §30 (2) 3 OWiG

500.000 EUR
  • Hersteller von IT-Systemen: durch das BSI angewiesene Mitwirkung an der Beseitigung oder Vermeidung von erheblichen Sicherheitsvorfällen bei betroffenen IKT-Produkten wird verweigert. §18
  • Besonders wichtige und wichtige Einrichtungen: durch das BSI angewiesene erforderliche Maßnahmen zur Verhütung oder Behebung eines Sicherheitsvorfalls oder Mangels oder die Berichterstattung darüber werden verweigert. §64 (6) Satz 1-2 oder i.V.m. §65
  • Registrierung wird nicht oder nicht rechtzeitig vorgenommen oder erforderliche Stelle nicht oder nicht rechtzeitig benannt. §33 (1) oder (5) i.V.m. VO nach §57 (4) Satz 1, und §34 (1)
  • Das BSI wird über Änderungen an Registrierungsdaten nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig unterichtet. §34 (2)
  • Besonders wichtige und wichtige Einrichtungen: Ein durch das BSI geforderter Nachweis wird nicht oder nicht rechtzeitig erbracht. §64 (3) Satz 1 oder i.V.m. §65
  • Ein Nachweis ggü. dem BSI über eine vollständige Datenbank wird nicht erbracht. §51 (1)
  • Auf Anträge wird nicht oder nicht rechtzeitig geantwortet oder der Zugang nicht gewährt. §52 Satz 1
  • Erforderliche Angaben werden nicht öffentlich gemacht. §51 (3)(4), §52 Satz 2
  • Vorgabe, Inhaber einer Sicherheits- oder Personenzertifizierung oder einer Zertifizierung als IT-Sicherheitsdienstleister zu sein, ohne dass diese besteht. §54 (2) Satz 1
  • Tätigwerden als Konformitäts­bewertungs­stelle ohne Genehmigung. §55 (2) Satz 2
  • Verwendung des IT-Sicherheits­kennzeichen ohne Freigabe. §56 (4) Satz 1
  • Vorsätzlicher oder fahrlässiger Verstoß gegen die Verordnung (EU) 2019/881 über die ENISA und über die Zertifizierung der Cybersicherheit von Informations- und Kommunikationstechnik: eine Angabe wird nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht binnen eines Monats nach Ausstellung zugänglich gemacht oder eine Information wird nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht unverzüglich nach Feststellung einer Schwachstelle oder Unregelmäßigkeit gegeben oder Vorgabe, Inhaber eines europäischen Cybersicherheitszertifikats oder Aussteller einer EU-Konformitätserklärung zu sein, obwohl diese nicht besteht, widerrufen oder für ungültig erklärt wurde.
100.000 EUR
  • Zuwiderhandlung durch Hersteller gegen Anordnung zur Auskunft zu Produkten und Sytemen, insb. auch technischen Details. §14 (2) Satz 1
  • Zuwiderhandlung gegen Anordnung zur Unterrichtung von Kunden und Einsetzung eines Überwachungs­beauftragen. §64 (8) Satz 1-2, §64 (9) Satz 1 oder i.V.m. §65
  • Besonders wichtige und wichtige Einrichtungen: Zuwiderhandlung gegen Anordnung zur Umsetzung von im Rahmen einer Sicherheitsprüfung formulierten Empfehlungen. §64 (7) Satz 2 oder i.V.m. §65
  • Betreiber kritischer Anlagen: Fahrlässig einen Nachweis nicht richtig oder nicht vollständig erbringen. §39 (1) Satz 1

Wichtige Einrichtungen

Folgende zusätzliche Bußgelder sind nach §60 (6) für wichtige Einrichtungen definiert.

eigene Zusammenstellung aus NIS2-Referentenentwurf Stand Dezember 2023
Höhe Verstöße
7 Mio. EUR oder 1,4 % Umsatz
  • Vorkehrungen zur Cybersicherheit nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig getroffen. §30 (1) i.V.m. § VO nach 57 (4) Satz 1
  • Meldungen werden nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig übermittelt. §32 (1)

Besonders wichtige Einrichtungen

Folgende zusätzliche Bußgelder sind nach §60 (7) für besonders wichtige Einrichtungen (folglich auch Betreiber kritischer Anlagen) definiert.

eigene Zusammenstellung aus NIS2-Referentenentwurf Stand Dezember 2023
Höhe Verstöße
10 Mio. EUR oder 2 % Umsatz
  • Vorkehrungen zur Cybersicherheit nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig getroffen. §30 (1) i.V.m. § VO nach 57 (4) Satz 1
  • Meldungen werden nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig übermittelt. §32 (1)
10 Mio. EUR
  • Nachweise über Erfüllung der Anforderungen werden nicht richtig oder nicht vollständig erbracht. §39 (1) Satz 1 i.V.m. VO nach §57 (4) Satz 1
  • Nachweise über Erfüllung der Anforderungen werden nicht oder nicht rechtzeitig erbracht. §39 (1) Satz 1 i.V.m. VO nach §57 (4) Satz 1
500.000 EUR
  • Das Betreten eines Raums wird nicht gestattet, eine Unterlage wird nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, eine Auskunft wird nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt oder Unterstützung wird nicht oder nicht rechtzeitig gewährt. §64 (5) Satz 3
100.000 EUR
  • Durch das BSI verlangte Informationen zur Bewältigung einer Störung werden nicht herausgegeben. §40 (4) Satz 1
  • Kontaktstelle ist nicht erreichbar. §33 (2) Satz 2

Hinweis: Erreichbarkeit der Kontaktstelle nur für Betreiber kritischer Anlagen relevant.

up

Bundeseinrichtungen

Im Sektor Staat sind in der NIS2-Umsetzung Einrichtungen der Bundesverwaltung reguliert. Diese übernehmen die Pflichten besonders wichtiger Einrichtungen und erhalten zusätzlich eigene Pflichten.

In der Bundes­verwaltung reguliert werden, sofern es keine expliziten Ausnahmen gibt: §29

Es gibt diverse Ausschlüsse und Abgrenzungen bei Einrichtungen der Bundesverwaltung:

Anforderungen

An Bundeseinrichtungen werden damit folgende Anforderungen an Cybersicherheit gestellt:

Bundeseinrichtungen müssen zusätzlich erfüllen:

Steuerung

Es müssen weiterhin Strukturen auf Bundesebene und bei Einrichtungen geschaffen werden:

up

Ausblick

Gesetzgebung

Das NIS2-Umsetzungsgesetz sollte im Oktober 2024 in Kraft treten, das bisherige BSIG dann außer Kraft. Seit Sommer 2023 sind Referentenentwürfe vom NIS2UmsuCG publik. Verkündung und das Inkrafttreten könnten sich mittlerweile wohl um zwei Monate verschieben.

Ablauf NIS2, Stand März 2024
Version Status Datum Akteur
NIS Deadline nationale Umsetzung Mai 2018 Mitglied­staaten
IT-Sicherheitsgesetz 2.0 Inkrafttreten Mai 2021 Bundesrat
NIS2 EU 2022/2555 Final Dez 2022 Amtsblatt
NIS2-Umsetzungsgesetz Referentenentwurf Apr 2023 Innenministerium
NIS2-Umsetzungsgesetz Referentenentwurf Jul 2023 Innenministerium
NIS2-Umsetzungsgesetz Diskussionspapier Sep 2023 Innenministerium
NIS2-Umsetzungsgesetz Referentenentwurf Dez 2023 Innenministerium
NIS2-Umsetzungsgesetz Verkündung unsicher Bundestag
Rechtsverordnung(en) fehlt noch unsicher Innenministerium
NIS2-Umsetzungsgesetz Inkrafttreten geplant Okt 2024 Bundestag
NIS2-Umsetzungsgesetz Inkrafttreten unsicher Bundesgesetzblatt
NIS2 Deadline Umsetzung Okt 2024 Mitglied­staaten

Evaluierung

In der NIS2-Umsetzung ist keine Evaluierung in Deutschland vorgesehen, da EU NIS2 selbst (Art. 40) durch die Europäische Kommission evaluiert werden soll, Begründung A. VII. und eine (auf den Mitgliedstaat Deutschland isolierte) Evaluierung der Umsetzung nicht zielführend sei. Zu Art. 7

Zusätzlich wird im Umsetzungsgesetz die weitere Evaluierung des IT-Sicherheitsgesetzes 2.0 zum Mai 2025 gestrichen (aufgehoben). Art. 7 Die Evaluierung dieser Vorschriften erübrigen sich, weil diese in weiten Teilen im Zuge der NIS-2-Umsetzung geändert werden. Zu Art. 7

Die Ergebnisse der teilweisen Evaluierung des IT-Sicherheitsgesetzes 2.0 flossen in das NIS2-Umsetzungsgesetz wohl ein, so die Begründung.

up

Auswirkungen

In Deutschland geht der Gesetzgeber von etwa 30.000 betroffenen Unternehmen in den verschiedenen Gruppen aus, von denen erst 17 Prozent (vorige Schätzung 40) im Grundsatz ausreichende Maßnahmen ergriffen haben. Abzüglich der bestehenden Betreiber haben laut Prognose über 20.000 Unternehmen damit (neuen) Handlungsbedarf. Begründung A. VI.

Der Gesetzesentwurf prognostiziert betroffene Unternehmen:

Die Anzahl der neuen Einrichtungen (beide Gruppen) widerspricht sich im Gesetzesentwurf

Wirtschaft

Für die Wirtschaft rechnet der Gesetzesentwurf mit diversen Annahmen zur notwendigen Anpassung digitaler Geschäfts­prozesse. Die Zahl an Unternehmen mit neuem Erfüllungs­aufwand weicht von den beiden oben genannten Zahlengruppen ebenfalls wieder ab.

eigene Zusammenstellung, basierend auf Referentenentwurf, Stand Dezember 2023
Einrichtungen Aufwand Rechnung Summe
Besonders wichtig
(neue)
Personalkosten
jährlich
2.000 Unternehmen × 143.929 EUR 288 Mio. EUR
Besonders wichtig
(neue)
Sachkosten
jährlich
2.000 Unternehmen × 52 Tsd. EUR 104 Mio. EUR
Besonders wichtig Nachweispflichten
jährlich
3.550 Unternehmen × 35.211 EUR 125 Mio. EUR
Wichtig Personalkosten
jährlich
12.500 Unternehmen × 57.582 EUR 720 Mio. EUR
Wichtig Sachkosten
jährlich
12.500 Unternehmen × 21 Tsd. EUR 263 Mio. EUR
alle (neue) Meldepflichten
jährlich
25.157 Unternehmen × 2.400 Vorfälle 946 Tsd. EUR
alle Schulungen
jährlich
29.850 Unternehmen × 5.326 EUR 159 Mio. EUR
alle Registrierungspflichten diverse diverse
alle Einmaliger Aufwand freie Annahme 2 Mrd. EUR

Für bestehende KRITIS-Betreiber geht der Entwurf von einem jährlichen Personalaufwand von durchschnittlich 344 Tagen und 60 Tsd. EUR Sachkosten aus.

Bundesverwaltung

Betreibergruppen

Die Zwei/Dreiteilung in Betreiber und Einrichtungen und das Beibehalten der kritischen Anlagen (KRITIS) wird mit dem Gleichklang mit dem KRITIS-Dachgesetz begründet, das Betreiber kritischer Anlagen reguliert. Andererseits habe die Evaluierung ergeben, dass NIS2 zu einer so starken Ausweitung von Betroffenheit führe, dass weiterhin eine differenzierte Bestimmung mit Fokus Versorgungsrelevanz erfolgen solle. Zu §57 (1)

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Fristen und Umsetzung

Im Gesetz sind verschiedene Fristen zur Umsetzung der Anforderungen vorgesehen. Das Gesetz NIS2UmsuCG selbst soll im Oktober 2024 in Kraft treten.

Besonders wichtige Einrichtungen

Wichtige Einrichtungen

Betreiber kritischer Anlagen

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Rechtsverordnung

Verschiedene Anforderungen aus dem NIS2UmsuCG sollen durch eine oder mehrere Rechtsverordnungen konkretisiert oder definiert werden: §57

Die Rechtsverordnung soll im Einklang mit dem KRITIS-Dachgesetz definiert werden und Betreiber und Einrichtungen in einer Verordnung zusammenfassen, damit betroffene Unternehmen zentral in einer Tabelle relevante Kategorien und Schwellenwerte finden.

Ein Entwurf der Rechtsverordnung(en) ist noch nicht verfügbar.

EU-Vorgaben und Umsetzungsakte

Die EU-Kommission kann zur Definition der §30 (2) Maßnahmen noch eigene Vorgaben durch Durchführungs­rechtsakte (Implementing Acts) erlassen, welche dann Vorrang vor nationalem Recht hätten, generell in §30 (4) und speziell für einige IT-Betreiber in §30 (3).

Falls dies nicht eintritt, soll das Bundes­innnenministerium selbst technische, methodische und sektorale Definitionen zur Konkretisierung erlassen. §30 (5)

Branchenstandards

Besonders wichtige Einrichtungen, d.h. auch Betreiber kritischer Anlagen, können weiterhin branchenspezifische Sicherheitstandards (B3S) zur Umsetzung der §30 (1) Maßnahmen vorschlagen. Das BSI stellt die Eignung der B3S fest. §30 (9)

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Auswirkung auf weitere Gesetze

Telekommunikationsgesetz

Bis jetzt sind nur aktualisierte Verweise enthalten – inhaltliche Veränderungen noch nicht. Das TKG und der TK-Sicherheitskatalog werden für NIS2 noch aktualisiert werden müssen.

Energiewirtschaftsgesetz

Die Regulierung für Energie­betreiber wird mit der BNetzA geteilt bleiben. Das EnWG und der Energie-Sicherheitskatalog werden für NIS2 noch aktualisiert werden müssen.

Weitere Gesetze

Gesetzesänderungen, Stand Juli 2023
Gesetz Änderung NIS2UmsuCG
BSI-Gesetz Komplette Änderungen oben Art. 1
BSI-Gesetz Ermächtigung Rechtsverordnung Art. 2
BND-Gesetz, SÜFV, TTDSG, GleibWV Verweise Art. 3-6
IT-Sicherheitsgesetz 2.0 Evaluierung zum 1. Mai 2025 gestrichen Art. 7
BSIZertV, BSI-ITSiKV, De-Mail-Gesetz, PassDEÜV, PAuswV, KassenSichV, ATG, Verweise Art. 8-15
EnWG Änderungen siehe oben Art. 16
MsbG, EnSiG, SGB V, DiGAV , SGB VI, BFSGV, TKG, KHSFV, MessEV, AWV, VDG, Verweise und Definitionen Art. 17-27

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Änderungen der Referentenentwürfe

Es gab bisher zwei öffentliche Referentenentwürfe aus April und Juli 2023. Die Änderungen nachzuvollziehen ist nicht ganz einfach, unser bisheriger Stand, noch ohne den Teilentwurf des Diskussionspapier aus September 2023.

Dezember 2023 (vierter Entwurf) zu September 2023:

September 2023 (dritter Entwurf) zu Juli 2023:

Juli 2023 (zweiter Entwurf) zu April 2023:

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Weitere Informationen

Literatur

  1. Stellungnahme BSI - Cybersicherheit - Zuständigkeiten und Instrumente in der Bundes­republik Deutschland, Bundestag, öffentliche Anhörung Ausschuss für Digitales 25.01.2023
  2. Update für europäische Cyber-Sicherheit, Mit Sicherheit - BSI-Magazin 2022/02, 14.12.2022
  3. Referentenentwurf des BMI: NIS2UmsuCG, verschiedene Versionen, AG KRITIS 2023

Quellen

  1. Referentenentwurf NIS-2-Umsetzungs- und Cybersicherheits­stärkungsgesetz - NIS2UmsuCG, Version Dezember 2023, Intrapol, 7. März 2025
  2. Werkstattgespräch– Diskussions­papier, des BMI für wirtschafts­bezogene Regelungen zur Umsetzung der NIS-2-RL, Innenministerium, Intrapol, 26.10.2023
  3. Diskussionspapier des Bundesministeriums des Innern und für Heimat - NIS2UmsuCG, dritter Entwurf, AG KRITIS, 27.09.2023
  4. Referentenentwurf NIS-2-Umsetzungs- und Cybersicherheits­stärkungsgesetz - NIS2UmsuCG, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der NIS-2-Richtlinie und zur Regelung wesentlicher Grundzüge des Informations­sicherheitsmanagements in der Bundesverwaltung, AG KRITIS, 3. Juli 2023
  5. Referentenentwurf NIS-2-Umsetzungs- und Cybersicherheits­stärkungsgesetz - NIS2UmsuCG, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der NIS-2-Richtlinie und zur Regelung wesentlicher Grundzüge des Informations­sicherheitsmanagements in der Bundesverwaltung, Intrapol, 3. April 2023
  6. Richtlinie (EU) 2022/2555 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2022 über Maßnahmen für ein hohes gemeinsames Cybersicherheits­niveau in der Union, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 und der Richtlinie (EU) 2018/1972 sowie zur Aufhebung der Richtlinie (EU) 2016/1148 (NIS2-Richtlinie), 27.12.2022
  7. Directive (EU) 2022/2555 of the European Parliament and of the Council of 14 December 2022 on measures for a high common level of cybersecurity across the Union, amending Regulation (EU) No 910/2014 and Directive (EU) 2018/1972, and repealing Directive (EU) 2016/1148 (NIS 2 Directive), 27.12.2022